Getreide - Wie alles begann
Bereits vor 10.000 Jahren bauten Siedler Getreide im fruchtbaren Zweistromland an und sortierten bei jeder Ernte die Pflanzen mit den besten Körnern aus. Die Auslese von Emmer und Einkorn, den Urformen des Weizens, markiert den Anfang der Pflanzenzüchtung. Heute werden weltweit auf ca. 555 Mio. Hektar Getreidepflanzen angebaut. Von den Tropen bis an die Polarkreise ist Getreide in seiner Vielfalt weit verbreitet. Die wichtigsten Getreidearten in Deutschland sind Weizen (3,2 Mio. Hektar), Gerste (1,6 Mio. Hektar), Roggen (0,6 Mio. Hektar), Triticale (0,4 Mio. Hektar) und Hafer (0,1 Mio. Hektar).
Anders als in den großen Agrarländern USA, Kanada und Australien ist die Getreidezüchtung in Deutschland und Westeuropa in privater Hand. Die meisten deutschen Getreidezüchter haben sich aus landwirtschaftlichen Betrieben entwickelt. Rund 30 mittelständische Pflanzenzüchter arbeiten heute in Deutschland intensiv an der Verbesserung der Getreidesorten.
Wie Züchtung die Gerste rettete...
Wie bedeutend die Arbeit der Züchter ist, zeigen viele Beispiele aus der Vergangenheit: Drohte beispielsweise gerade die Gerste noch vor 30 Jahren von einem Virus ausgerottet zu werden, konnten die Gerstenzüchter in Deutschland durch virusresistente Sorten ihren Anbau weiterhin ermöglichen. Oder Triticale: die „künstliche“ Kreuzung aus Weizen und Roggen verbindet die Ertragsfähigkeit und Kornqualität des Weizens mit der Winterhärte, Anspruchslosigkeit und Krankheitsresistenz des Roggens. Triticale ist heute ein beliebtes Futtermittel, das auch auf Grenzstandorten wächst. Ein weiteres Beispiel ist der Backweizen. Musste er bis 1975 noch aus Kanada importiert werden, haben Züchter Sorten mit Backqualität entwickelt, die hierzulande gute Erträge liefern und die heimische Versorgung mit Backweizen möglich machen. Oder die wichtigste Verwendung der einheimischen Sommergerste für die Herstellung von Malz in der Bierproduktion. Dank Züchtung kann man heute frühzeitig erkennen, welche Braugerstensorten für die jeweilige Brauerei optimal sind. Auch dass sich der Ertrag bei Weizen während der letzten 100 Jahre verfünffacht hat, geht zur Hälfte auf züchterische Leistung zurück. Die mittleren Felderträge bei Weizen in Deutschland erhöhten sich in den vergangenen 100 Jahren von 20 auf 80 Dezitonnen pro Hektar.
... und wie aufwändig und vielfältig Züchtung ist...
Mit jeder Kreuzung schaffen Getreidezüchter in Deutschland neue genetische Variationen. Eine neue Pflanzensorte muss bestimmte Kriterien erfüllen, bevor sie zugelassen wird. Hierzu gehört die Unterscheidbarkeit, d. h. die neue Sorte muss sich von allen bisher bekannten Sorten unterscheiden. Im Jahr 2017 haben die Getreidezüchter in Deutschland über 60 neue Sorten zugelassen und damit einen erheblichen Beitrag zur Schaffung und zum Erhalt der genetischen Vielfalt geleistet. Insgesamt stehen den Landwirten in Deutschland knapp 400 Getreidesorten zur Verfügung.
Download: Was steckt drin im Weizen?